Throwback-Thursday: Auktionen in FTD Portfolio

Während und auch noch einige Jahre nach meiner Ausbildung hatte ich viel mit Anlagethemen zu tun, nicht nur bei Aktien & Co (zuvor Aktienresearch), auch bei der Financial Times Deutschland. Hier mal ein Thema, das auch für Unternehmer beispielsweise rund um Ausschreibungen und den damit verbundenen Zuschlag für öffentliche Aufträge, interessant ist.

Den Hintergrund bitte ich Sie, sich in diesem schönen Lachsrosa vorzustellen, das ein klein bisschen anders aussah als das der Zeitungmutter Financial Times und mir immer noch gelegentlich fehlt. Erschienen ist der Beitrag Anfang 2004.

Geldanlage: Zum Ersten, zum Zweiten, …

von Midia Nuri

Versteigerungen erfreuen sich hier zu Lande immer größerer Beliebtheit. Was bei Auktionen zu beachten ist, damit aus dem Bieterspaß auch ein lohnendes Geschäft wird.

Ein Auktionator ist jemand, „der mit dem Hammer verkündet, dass er einem mit seinem Mundwerk die Taschen geleert hat“. Der Ausspruch stammt von Ambrose Bierce. Wahrscheinlich zählt der amerikanischen Schriftsteller zu jenen Enttäuschten, die leidvoll erfahren mussten, dass Auktionen nicht nur Spaß bereiten, sondern zuweilen mehr kosten, als einem lieb sein kann.

Längst haben wir uns an die Meldungen renommierter Auktionshäuser gewöhnt, wenn Kunstwerke zu immer neuen Rekordpreisen den Besitzer wechseln. Spitzenreiter war im vergangenen Jahr das Klimt-Gemälde „Landhaus am Attersee“. Es kam bei Sotheby’s für 26 Mio. $ unter den Hammer. Umgerechnet sind das rund 21 Mio. Euro – ein Spaß, den sich nicht jeder leisten kann.

Versteigerungen als Massenphänomen

Seit Internet-Portale wie Ebay den Hammer schwingenden Auktionator durch den Computer ersetzt haben, sind Versteigerungen zu einem wahren Massenphänomen geworden. Waren und Dienstleistungen im Wert von 16,72 Mrd. $ wurden in den ersten drei Quartalen des Jahres 2003 auf dem weltweit größten Online-Marktplatz versteigert. Alle erdenklichen Produkte kommen inzwischen unter den virtuellen Hammer: Kunst, Autos, Bücher, Handys, selbst Häuser werden angeboten und vieles andere mehr.

Dabei folgen die Preise nicht immer der strengen Logik des Marktes. So boten findige Händler bei Ebay einen Teil der bereits erhältlichen 200.000 Exemplare der Bohlen-Biografie „Hinter den Kulissen“ an, kaum dass der Rückruf durch den Verlag bekannt gemacht worden war. Preis für die Skandallektüre: über 400 Euro. „Dabei war das Buch in Köln für 20 Euro problemlos erhältlich“, klagte später ein User im Online-Forum. Doch auch weniger gehypte Produkte erzielen mitunter hohe Preise. So hätte ein unter Windows angelegter virtueller „Neuer Ordner“ um ein Haar für 201 Euro den Besitzer gewechselt, wäre Ebay dem nicht aus formalen Gründen zuvor gekommen.

Die Englische Auktion

Ob nun klassisch im Auktionshaus oder online am Computer – die Regeln eines Auktionsverfahrens sollte kennen, wer neben dem Bieterspaß auch auf ein gutes Geschäft aus ist. Die gängigste Form ist die Englische Auktion. Sie kommt auch auf Ebay zur Anwendung. Mit ihr werden Kunstwerke und Immobilien versteigert. Die Teilnehmer wetteifern mit steigenden Geboten um die einzelnen Waren, das höchste Gebot erhält den Zuschlag. Der Warenwert entspricht dabei ungefähr dem zweithöchsten Gebot, sagt Ulrich Schmidt, Koautor der Studie „Auktionen – zuviel oder zuwenig geboten“. Damit kommt die Englische Auktion dem optimalen Bietverhalten sehr nahe: Es wird stets der persönliche Höchstpreis geboten. Allerdings nicht sofort, sondern in kleinen Schritten.

Dennoch gehen auch beim englischen Verfahren zuweilen Objekte zu hohen Summen weg, oft weit über den Neupreis hinaus. So hat Buchautor Schmidt kürzlich selbst 42 Euro für ein Lehr- und ein Übungsbuch der dänischen Sprache erlöst – plus 5 Euro Versandkosten. „Bei Amazon wäre beides für 50 Euro zu habegewesen. Neu, ohne meine Bleistiftnotizen“, sagt Schmidt.

Die Bieterfalle

Vor allen unerfahrene Auktionsteilnehmer ließen sich oft durch die niedrigen Einstiegspreise verführen, weiss Schmidt. Der treibe die Zahl der Bieter nach oben. Folge: höhere Preise. Außerdem trudelten die meisten Gebote oft erst auf den letzten Drücker ein. Auch das reize zu Übertreibungen nach der Devise „Sicher ist sicher“. Schließlich könne man sich in letzter Sekunde nicht mehr an den restlichen Bietern orientieren, da diese zur selben Zeit ihr Gebot abgeben. Risikoscheu allein könne das Phänomen aber nicht erklären, schränkt Schmidt ein. „Auktionsteilnehmer messen offenbar dem Gewinnen einen zusätzlichen Wert bei.“

Zudem trauen viele Bieter ihren Einschätzungen nicht. So orientieren sich Teilnehmer an Immobilienversteigerungen oft an den Geboten der Konkurrenten in der Annahme: Wenn die anderen mehr bieten, ist das Haus oder die Wohnung wohl doch mehr wert. „Das ist irrational und falsch“, sagt Experte Schmidt. Schließlich ändere der Bietvorgang selbst nichts am Wert des Objekts.

Nicht in die Bieterfalle zu tappen, hält Schmidt daher vor allem für eine Frage der Konsequenz. „Auktionsteilnehmer sollten nur bieten, was ihnen das Objekt wert ist“, rät er. „Und sie sollten bei ihren ursprünglichen Preisvorstellungen bleiben.“ Neben Selbstdisziplin bedarf es dazu vor allem Informationen – über die Ware selbst und die Vergleichspreise anderer Anbieter.

Die Holländische Auktion

Besondere Aufmerksamkeit erfordert die Holländische Auktion. Mit dem Verfahren wird in Deutschland Gemüse versteigert, zuweilen auch ausrangierte Polizeiautos. Oberflächlich betrachtet ähnelt die Holländische der Englischen Auktion – nur die Abfolge ist umgekehrt. Der Auktionator gibt den Preis für ein Produkt vor. Dabei zählt er in festgelegten Schritten abwärts, solange, bis ein Bieter den genannten Preis akzeptiert. So gewinnt bei der Holländischen Auktion immer das erste und höchste Gebot.

Denn auch wenn die Gebote offen abgegeben werden, haben die Teilnehmer keine Chance, sich an den Konkurrenten zu orientieren. Schließlich weiß keiner, wann der erste zuschlägt. So verführt die Holländische Auktion dazu, schnell zu reagieren und damit die eigene Preisvorgabe zu überbieten. Dabei kann es im Unterschied zur Englischen Auktion oft sogar lohnender sein, die eigeneVorgabe zu unterbieten. „Umso kräftiger, je weniger andere Bieter teilnehmen“, rät Schmidt. Risiko und Nervenbelastung seien dadurch zwar höher. „Der niedrige Kaufpreis entschädigt aber vollauf.“

ftd.de, 09.01.2004
© 2004 Financial Times Deutschland

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