Throwback-Thursday: Rätsel für Aktien & Co.

Die letzte Seite der Zeitschrift Aktien & Co gehörte von Oktober 2001 bis zu deren leider jähem Ende in der New Economy-Krise im Frühjahr 2002 – meiner Rätselkolumne. Für die Zeitschrift hatte ich im Praktikum und während der Ausbildung einige Artikel über Branchen oder Fondsgesellschaften geschrieben. Nach dem Relaunch mitsamt Umwandlung von „Aktienresearch“ zu „Aktien & Co“ durfte ich jeden Monat ein paar Fakten über eine historische oder zeitgenössische Person des Marktgeschehens aufschreiben, die die Leser und Leserinnen dann erraten sollten.

Larry Ellison, Carly Fiorina, Britta Steilmann, Hilmar Kopper, Bernard Baruch, Warren Buffet, Alfred Nobel, Raoul Wallenberg, John D. Rockefeller oder auch Bill Gates. Auch eine Rätselgeschichte über Walt Disney, dessen Unterhaltungsimperium in diesen Tagen 100 Jahre alt wird.

Manisch kontrollierender Märchenonkel

Er erschaffte ein eigenes Universum und gilt vielen als erfolgreichster Eroberer seiner Zeit – weil er Herzen und Hirne besetzte.

Den spanischen Maler Francisco de Goya hielt er für einen „guten Mann“, den französischen Maler Paul Cezanne indes für einen schlechten Zeichner. Die gesuchte Person X selbst soll bestenfalls durchschnittlich gezeichnet haben. Dafür hatte X großes unternehmerisches Talent – kaum ein Markenname besitzt seit Jahrzehnten soviel Magie wie sein Name.

Sein Unterhaltungs-Imperium gründete Person X auf der Papierskizze eines eher unscheinbaren Säugetiers. Mit dem frisch kreierten Nager schaffte er 1928 den Durchbruch. Als neun Jahre später der erste abendfüllende Film fertig war, hatte Gründer X das Zeichnen bereits aufgegeben. Die Öffentlichkeit ließ er weiter glauben, Erfinder seiner immer neuen Kunstfiguren zu sein.

Alle standen in seinem Schatten – Mitarbeiter ebenso wie sein Bruder, mit dem er 1923 den Sprung nach Hollywood geschafft hatte. Firmenchef X selbst sah seine Position bescheidener: „Ich bin so etwas wie eine Biene“, meinte er. „Ich schwirre von einer Ecke des Studios zur anderen, sammle Blütenstaub und bestäube damit die Mitarbeiter.“

Einer Anekdote zufolge soll er eines Tages ohne einen Cent in der Tasche am Eingang seines eigenen Vergnügungsparks gestanden haben. Die Kassierer sollen ihn nicht erkannt und deswegen vor den Toren stehen gelassen haben. Weniger schmeichelhaft wird über ihn auch erzählt, wie er nachts regelmäßig durch die leeren Mitarbeiterbüros streifte, um deren Tagesarbeit zu überprüfen.

Vielen galt Filmproduzent X als „erfolgreichster Eroberer seiner Zeit, weil er Herzen und Hirne besetzte.“ Das war es auch, was ihm Filmkritiker vorwarfen. „Er kam stets als Eroberer, nie als Diener daher“, schrieb einer über die Art, wie X mit den Vorlagen für seine Filme umsprang. „Fast immer verkleinerte er, was er berührte.“ Ökonomie interessierte Märchenonkel X nicht weiter. „Mein Vater machte Geld, um damit Filme machen zu können“, erzählte seine Tochter über ihn.

Um seine Herkunft ranken sich Gerüchte: Offiziell wurde er als viertes von fünf Kindern in Chicago geboren. Der Vater kanadisch-irischer Abstammung war ein erfolgloser Zimmermann und später Farmer, die Mutter war deutscher Abstammung. Einem hartnäckigen Gerücht zufolge soll die Familie den Jungen nur bei sich aufgenommen haben. In Wirklichkeit soll er der uneheliche Sohn einer Wäscherin aus dem südspanischen Andalusien gewesen sein, die – vom Dorfarzt geschwängert und mittellos – nach Chicago ausgewandert ist.

Am 15. Dezember 1966 ist der starke Raucher an Lungenkrebs gestorben. Im Dezember vergangenen Jahres wäre er 100 Jahre alt geworden. Midia Nuri


Eine sehr sehenswerte zweiteilige Dokumentation lief im vergangenen Jahr zur Weihnachtszeit auf arte: „Walt Disney – Der Zauberer„. Derzeit ist sie nicht in der Mediathek abrufbar, aber zumindest der erste Teil seit vier Jahren auf Youtube.